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[Update] Leistungsschutzrecht: Google erleidet herbe Niederlage

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Wenn Google von großen Verlagen in seiner Suchmaschine kurze Ausschnitte von Artikeln anzeigt, dann fällt dies unter das sogenannte Leistungsschutzrecht. Das Gesetz in Deutschland ist schon länger stark in die Kritik geraten, aber das hilft alles nichts, wenn ein zuständiges Schiedsgericht im Sinne des Interessenverbandes der Verlage und gegen Google entscheidet.

Update

Dank mehrerer Hinweise in den Kommentaren sowie einer Mitteilung von Google Deutschland wurden wir darauf aufmerksam gemacht, dass sich die Sachlage gänzlich anders darstellt. Zwar stimmt es, dass die VG Media grundsätzlich Google zur Zahlung der von ihren Partnern erstellten Presseerzeugnisse in der Google-Suche auffordern darf, aber die bisherigen Vorstellungen über die Höhe in ihrer derzeitigen Form nicht angemessen sind (zur Pressemitteilung). Auch wenn das Schiedsgericht einen Kompromiss vorgeschlagen hat, betrachtet besagtes Schiedsgericht den Vorschlag selbst als so gut wie nicht durchsetzbar. Alle Anträge der VG Media wurden abgewiesen und der Verband muss zusätzlich sämtliche Kosten des Verfahrens tragen.

Die Wertungswidersprüche angesichts der vorliegenden Gesetzeslage, die keine klare Aussage über das Verhältnis von Schutzgegenstand, Reichweite des Ausnahmetatbestandes und Reichweite beziehungsweise Geltung der Einwilligungslösung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes trifft, obwohl eine entsprechende Klarstellung, ob die verkehrsübliche Wiedergabe von Textvorschauen vom Schutzrecht umfasst sein soll oder nicht, möglich gewesen wäre, werden sich wohl nicht befriedigend auflösen lassen. Letzte Zweifel verbleiben; die hier vorgeschlagene Lösung trägt deutlichen Kompromisscharakter, sie befriedigt weder die Vergütungserwartungen der Antragstellerin noch die Vorstellung der Antragsgegnerin an der Reichweite des Ausnahmetatbestandes beziehungsweise der Einwilligungslösung.

So hatte die VG Media ursprünglich bis zu 11 Prozent des Jahresumsatzes von Google Deutschland gefordert, was jedoch aufgrund interner Gegebenheiten auf exakt 6,1084 Prozent gekürzt wurde. Grund dafür ist, dass lediglich knapp die Hälfte der deutschen Verleger, welche sich in der VG Media zusammengeschlossen haben, die Verwertungsgesellschaft überhaupt explizit beauftragt hatten. Google kann nun gegen die Entscheidung Berufung einlegen, was wiederum ein voraussichtlich jahrelanges Verfahren mit sich ziehen würde, bis es eine finale Entscheidung im Leistungsschutzrecht und der Höhe der Gebühren gibt.

Kurzum: Es besteht nach wie vor keine Rechtssicherheit was das Leistungsschutzrecht in Deutschland betrifft und Google hat keine Niederlage zu verzeichnen. Bisher hat sich wie erwähnt das Bundeskartellamt auf die Seite von Google gestellt, während das Deutsche Patent- und Markenamt sich eher auf Seiten der VG Media sieht, aufgrund der geltenden Rechtslage. Durch die Patt-Situation halten jedoch etliche Beobachter das Leistungsschutzrecht als Ganzes in Deutschland für faktisch tot. Schließlich profitieren gerade Verlage durch die Verlinkung ihrer Artikel bei Google, wie eine Aktion des Suchmaschinen-Betreibers letztes Jahr zeigte (zum Beitrag).

Google selbst zeigt sich wie nicht anders zu erwarten von dem Urteil zufrieden wie Kay Oberbeck, Unternehmenssprecher Google, in einem Statement sagt:

Nach dem Bundeskartellkamt hat nun auch die Schiedsstelle die Anträge der VG Media zurückgewiesen und in aller Deutlichkeit auf die Widersprüchlichkeit des Leistungsschutzrechts hingewiesen. Viel lieber als juristische Auseinandersetzungen mit Verlagen führen zu müssen, wollen wir mit ihnen zusammenarbeiten, um Besucher auf ihre Webseiten und Apps zu leiten, ihre Marken online zu stärken und digitalen Journalismus zu fördern.

[Quelle: Statement von Google Deutschland]

 

Originalartikel vom 25.09.20115:

So hat das Schiedsgericht des Deutschen Patent- und Markenamt grundsätzlich die Forderung der VG Media bestätigt, dass Google im Rahmen des umstrittenen Leistungsschutzrecht die verlinkten Verlage entlohnen müsse. Konkret heißt es, dass „Presseerzeugnisse“ den Werbewert und damit auch die Attraktivität einer Website für Suchmaschinen erhöhe. Von daher sei Google gesetzlich dazu verpflichtet, den Verlagen im Interessenverband VG Media eine entsprechende Vergütung für die Text-Ausschnitte und Links zu zahlen.

Wende im Leistungsschutzrecht?

Damit ist die VG Media, welche über 230 deutsche Verleger vertritt, ihrem Ziel der Umsatzbeteiligung durch Google ein Stück näher gekommen. Das heißt, dass Google für jede Verlinkung von Artikeln in den eigenen Suchergebnissen an die jeweiligen Verlage etwas bezahlen muss (zum Beitrag), da es sich nach Auffassung des Schiedsgerichts eben um richtige Presseerzeugnisse handelt. Unabhängig davon, ob es nur Snippets mit einem groben Überblick des Inhaltes sind oder nicht.

Über die Höhe der Vergütung für das Leistungsschutzrecht hat das Schiedsgericht allerdings nicht entschieden. Das sich Google auf den Vorschlag der VG Media einlässt ist sehr unwahrscheinlich. Laut deren Vorschlag hätte Google 6 Prozent seines Jahresumsatzes mit der Suchmaschine in Deutschland bezahlen sollen, was dann bis zu 360 Millionen Euro bei einem geschätzten Jahresumsatz zwischen 5 bis 6 Milliarden Euro währen.

Eben dies wollte das Schiedsgericht nicht entscheiden und meinte zu der Thematik lediglich, dass man im Rahmen des Leistungsschutzrecht zu einem anderen Modell der Leistungsvergütung einigen müsse. Von daher wurde vorgeschlagen, dass Google maximal sieben Wörter in den Snippets verwendet, um die Suchergebnisse nicht als Presseerzeugnis zu kennzeichnen und damit auch weiterhin kostenlos anbieten zu können.

Die Ruhe vor dem Sturm

Das Schiedsgericht sieht seinen eigenen Vorschlag als einen Kompromiss im Streit um das Leistungsschutzrecht, an welchem die VG Media auch weiterhin festhalten will. Der Verband geht nun sogar soweit, dass man die eigenen Ansprüche rückwirkend bis zum 23. Oktober 2014 einfordern werde. Dies ist der Zeitraum, in welchem sich zahlreiche Verlage zu einer kostenlosen Einwilligung zur Nutzung ihrer Textausschnitte haben hinreißen lassen.

Geht es nach der VG Media, dann erfolgte eben diese Einwilligung nur durch Ausnutzung von Googles Marktmacht. Wer nicht in der Suchmaschine auftaucht würde automatisch Millionen Klicks verlieren, was angesichts von fast 95 Prozent Marktanteile im deutschen Markt für Suchmaschinen im Februar 2015 alles andere als absurd klingt.

Insofern wird der Streit rund um das Leistungsschutzrecht noch eine ganze Weile andauern, zumal das Bundeskartellamt keinerlei Gründe für eine Untersuchung im Rahmen des Kartellrechts sieht (zum Beitrag).

[Quelle: Die Welt]

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Stefan

Mann mit Bart und Faible für Smartphones und Tablets jeder Plattform, doch eindeutig bekennender Androidliebhaber.

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