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Wall Street Journal: Patent-Prozess des Jahrhunderts

Seit 2009 sehen sich die Konzerne Apple und Samsung immer wieder vor Gericht wieder, schon längst hat sich der Begriff Patentkrieg in unseren Köpfen gefestigt. Immerhin geht es um Milliarden an US Dollar in der Mobilfunkbranche, wie die letzten News bezeugen. Was allerdings nächste Woche beginnt ist nichts geringeres als DIE grundlegende Entscheidung ungeheuren Ausmaßes. Für beide Seiten, im Positiven wie im Negativen.

Am Montag dem 30. Juli stehen sich im kalifornischen San Jose mal wieder Apple und Samsung vor Gericht gegenüber. An sich eigentlich nichts Neues, allerdings ist der Ausgang von entscheidender Bedeutung für beide Unternehmen und stellt den bisherigen Höhepunkt im weltweiten Patentkrieg dar. Apple fordert von Samsung 2,5 Milliarden US Dollar an Schadensersatz, wovon alleine 500 Millionen US Dollar für eventuell entgangene Gewinne durch den Verkauf des iPads eingeschlossen sind. Ebenfalls bereits enthalten sind rund 25 Millionen US Dollar an Lizenzgebühren für diverse Patente, die Samsung mit Android auf seinen Smartphone-Modellen angeblich verletze. Die zuständige Richterin Lucy Koh hat bereits versucht beide Streithähne an einen Tisch zu setzen, damit beide Unternehmen zu einer einvernehmlichen Lösung kommen würden. Dass das nichts wurde, wissen wir bereits. Eher wurde es dadurch gefühlt noch schlimmer als es eh schon war. Das renommierte Wall Street Journal hat bereits im Vorfeld einen Blick in die zugehörigen Gerichtsakten werfen können und einige recht deutliche Positionen ausmachen können, die wir im Folgenden etwas beleuchten wollen.

 

„Samsung ist ein Trittbrettfahrer und Nachahmer“

Laut der Apple-Fraktion beispielsweise gebe es bei Samsung einen umfassenden Plan, durch das Kopieren des Apple-Designs mit dem Konkurrenten mithalten und übertreffen zu können. Laut dieser Personen sei es kein Zufall und noch weniger eine „natürliche Evolution eines Produktes“, wie das aktuelle Samsung-Portfolio aufgestellt sei. Schon im Juli 2010 habe Apple Samsung dazu aufgefordert, das nachahmen des iPhones einzustellen. Laut den Gerichtsdokumenten sind die Apple-Vertreter der Meinung, dass Samsung dennoch weiterhin unverfroren Rechte-verletzende Smartphones und Tablets heraus brachte. Laut Apple könne Samsung nichts daran ändern, dass deren Modelle dem geschützten Apple-Design enorm ähnlich aussehen würden und auch nicht an der Neuartigkeit des Apple-Designs.

Stattdessen würde Samsung „einem Mischmasch aus auf falschen rechtlichen Grundsätzen basierenden Verteidigungsansätzen“ praktizieren. Zudem würde keines der Geräte von Apple gegen die drei von Samsung angeführten Technik-Patente verstoßen. Und überhaupt seien diese Patente total veraltet, basieren auf längst überholten Technologien und seien ungültig, erklärte Apple weiter. Des Weiteren habe Samsung gegen die geltenden FRAND-Bedingungen seiner eigenen UMTS-Patente verstoßen, um damit erfolglos das iPhone zu verbieten und eine Verhandlung mit Apple über die FRAND-Patente abgelehnt.

 

„Ohne unsere Patente gäbe es kein iPhone“

Das Samsung etwas Derartiges nicht auf sich sitzen lassen werde, ist nachvollziehbar. So konterte der südkoreanische Konzern mit der Bemerkung, dass man bereits seit 1991 im Bereich der Mobilfunkindustrie tätig sei und ein Großteil der heute verbauten Technologie auf eigenen Forschungsarbeiten beruhe. Ohne diese geschützten Technologien wäre bis heute kein iPhone machbar gewesen, so Samsung. Zudem sei nach Meinung Samsungs das Design des iPhones selbst nicht von Apple sondern sei bei der Konkurrenz wie beispielsweise Sony lediglich „ausgeborgt“ gewesen. Als Beweis für diese Behauptung wird ein Apple-Dokument angeführt, in dem ein Treffen zwischen Apple’s verstorbenem CEO Steve Jobs und dem Sony-Designer Jonathan Ive erwähnt wird. Inhalt dieses Treffens sei unter anderem um Designs für „schlicht-gehaltene tragbare Geräte“ ginge. Selbst 2006 habe Samsung bereits Entwürfe für ein rechteckiges und von einem Touchscreen dominiertes Smartphone gehabt, welches überdies nur eine Taste auf der Vorderseite hat.

Und überhaupt habe Apple selbst früher einmal zugegeben, dass man nicht gerade stark im Entwickeln neuer Technologien sei sondern eher im kommerzialisieren eben solcher Technologien. Wer erinnert sich nicht an den berühmten Spruch von Steve Jobs: „Gute Künstler stehlen, großartige Künstler kopieren.“ Und um dem noch die Krone aufzusetzen, verwende Apple viele Komponenten aus Samsungs Produktion wie beispielsweise den SoC der A5-Reihe oder Speicherbausteine. Hinzu kommen noch Standard-essentielle Technologien für UMTS, deren Patente Samsung inne halte. Während man bereits vor dem Start des iPhone im Jahre 2007 mit allen wichtigen Konzernen der Mobilfunkbranche entsprechende Lizenzabkommen geschlossen habe, hat Apple das Angebot einfach ignoriert und nichts gezahlt. Die Vertreter von Samsung betonen, das alle wichtigen Unternehmen die Lizenzen für die Nutzung der Standard-essentiellen Patente angenommen haben, behauptet Apple das die Samsung-Patente nicht durchsetzbar seien.

 

Es geht um Alles oder Nichts

Selbst den US-amerikanischen Richtern gehen die anhaltenden Patentstreitigkeiten gehörig auf den Keks, was nicht nur die International Telecommunication Union (ITU) mit einem Empfehlungsschreiben honorierte oder die Electronic Frontier Foundation (EFF) mit dem Ansinnen, dass das US-amerikanische Patentsystem reformiert werden müsse. Selbst dem derzeitigen Apple CEO Tim Cook wäre ein Ende des Patentkrieges lieber, rückt dabei allerdings nicht wirklich von der Position seines Vorgängers ab. Statt gegen die Erfindungen von Apple zu verstoßen, sollte die Konkurrenz selbst etwas erfinden. Das kann man freilich sehen wie man will, dennoch ist die Sturhaftigkeit der gesamten Branche einfach nur noch zum weinen. Wer gerne mal zwei Standpunkte zum Thema Patente sehen und hören will, dem sei unsere letzte Ausgabe von anDROID talk – ein Thema zwei Meinungen ans Herz gelegt.

Nun findet die entscheidende Verhandlung über die Schadensersatzforderungen kommenden Montag statt. Da die Entscheidung einer 10-köpfigen Jury gefällt wird, die größtenteils aus Laien besteht, geht es für beide Unternehmen quasi um Alles oder Nichts. Der Ausgang dieser Verhandlung wird gravierenden Einfluss auf andere noch laufende Verfahren haben, in denen sich Samsung und Apple gegenüber stehen. Nicht nur die Entscheidung über die Höhe eines etwaigen Schadensersatzes wird verhandelt, sondern auch darüber ob Samsung seinen Erfolg auf legale Weise erreicht hat oder ob nicht. Immerhin hat Samsung erst vor kurzer Zeit Apple als weltgrößten Smartphone-Hersteller überholt, was anscheinend sehr am Ego des Apfelkonzerns nagt.

[Quelle: Wall Street Journal 1 und 2 | via AreaMobile]

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Stefan

Mann mit Bart und Faible für Smartphones und Tablets jeder Plattform, doch eindeutig bekennender Androidliebhaber.

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