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Warum kommen so wenig China Android Smartphones nach Europa?

Android Smartphones aus China

Der größte Smartphone-Markt der Welt ist die Volksrepublik China, welcher zudem auf eine erheblich breite Modell-Vielfalt blicken kann. Viele Android Smartphones werden im Reich der Mitte vorgestellt und wecken Begehrlichkeiten bei deutschen Smartphone-Nutzern, werden es aber nie nach Deutschland schaffen. Aber wieso kommen die wenigsten Geräte eigentlich zu uns?

Heute hatte der chinesische Smartphone-Hersteller OPPO mit dem OPPO R7 und R7 Plus zwei neue Modelle der Mittelklasse vorgestellt, welche auch im europäischen Online-Shop des Unternehmens verkauft werden. Jedoch ist das eher eine Ausnahme als die Regel, denn die meisten Smartphones aus China schaffen es offiziell gar nicht zu uns nach Europa bzw. Deutschland. Das hat auch seine guten Gründe und nicht immer ist es die Angst vor möglichen Patentklagen durch die Konkurrenz.

Der schwierige Weg aus China heraus

Das fängt zum Beispiel schon mal damit an, dass ein Export nach Europa nicht selten an den behördlichen Stolpersteinen scheitert. So müssen elektronische Geräte wie eben auch Smartphones ein CE-Kennzeichne erhalten, womit sie den geltenden Europäischen Bestimmungen von Elektronik entsprechen. Dafür ist der Hersteller selbst zuständig und benötigt dafür einen in der EU ansässigen Bevollmächtigten, welcher das Kennzeichen ausstellt. Gerade kleinere Hersteller aus China können sich eine solche Person nicht leisten.

Auch spielen die Kosten für den Import-Handel aus China eine gewichtige Rolle. Nicht selten werden Android Smartphones sehr scharf kalkuliert in ihren Kosten, was zum Beispiel bei dem OnePlus One der Fall ist: Laut OnePlus verdient das Unternehmen so gut wie nichts am Verkauf der Geräte (zum Beitrag). Stattdessen kommt der Gewinn hauptsächlich durch den Verkauf von Zubehör herein, was man durchaus als Messlatte für kleinere Hersteller ansehen kann. Zumindest fällt es nicht schwer das nachzuvollziehen, da neben dem Zoll in Deutschland auch noch die Einfuhrumsatzsteuer dazukommt sowie Versandgebühren und Lagerkosten, um die Ware in Deutschland zwischenlagern zu können.

Das sich etliche kleinere Hersteller dies nicht leisten wollen ist verständlich. Aber auch der Wechselkurs vom US-Dollar zum Euro spielt dabei eine Rolle. Was viele nicht wissen: Auch Asien gehört zum Dollarraum, obwohl die offizielle Währung in China der Remninbi ist – umgangssprachlich auch Yuan genannt. Je schwächer der Euro, umso teurer werden die Kosten für einen Import. Eine Sache an der zum Beispiel HTC zu knabbern hat, weshalb es Modelle wie das HTC J Butterfly nicht nach Europa schaffen.

Übrigens werden die meisten Smartphones in Deutschland noch immer über die Netzbetreiber verkauft, welche kaum bis überhaupt keine Dual-SIM-Smartphones im Angebot haben. Daher finden Hersteller aus China mit Dual-SIM-Smartphones bestenfalls über Amazon den Weg zu europäischen Kunden oder über Import-Händler. Ein weiterer Punkt, von dem die wenigsten wissen ist die Tatsache, dass chinesische Hersteller ihre Smartphones meistens durch eine verbindliche Bestellung der Kunden vorfinanzieren. Ein klassischer Smartphone-Kauf im Laden wie ein Europa ist in China eher selten. Hinzu kommt, dass viele Unternehmen durch zusätzliche kostenpflichtige Dienste weitere Einnahme-Quellen generieren, um die Preise ihrer Geräte möglichst niedrig zu halten.

Geringe Attraktivität und die Patentfrage

Im Fall von Xiaomi ist die Sachlage allerdings um einiges klarer. Zwar ist am Dienstag den 19. Mai 2015 der Xiaomi Mi Store offiziell auch in Deutschland gestartet, aber die bekannten und auch begehrten Smartphones wie das Xiaomi Mi4 oder ein Xiaomi Mi Note Pro gibt es dort nach wie vor für europäische Kunden nicht zu kaufen. Hugo Barra bekräftigte zwar die Ambitionen seines Unternehmens das Geschäft von China nach Europa auszudehnen, aber derzeit liegt der Fokus einfach woanders.

Der europäische Smartphone-Markt ist bereits von eine starken Konkurrenz eingenommen, sodass es Xiaomi äußerst schwer hätte, überhaupt Fuß zu fassen (zum Beitrag). Insofern sind Schwellenländer deutlich attraktiver und vor allem auch lukrativer für das Unternehmen, was mit Brasilien, Russland und der Türkei zum Beispiel der Fall ist. Brasilien wird noch dieses Jahr als neuer Markt folgen. Wann Europa offiziell folgt ist bisher allerdings in keinster Weise abzusehen.

Bei Xiaomi hat die Meidung des europäischen Marktes allerdings noch eine andere Sache und die hat deutlich weitreichendere Folgen: Patente. Während in China das Patentrecht bezüglich Design oder Standard-essentieller Technologie nicht immer so genau genommen wird, sind die Regularien in Europa um einiges härter. Zum Beispiel werden Plagiate in schöner Regelmäßigkeit von Messen wie der IFA in Berlin, der CeBIT in Hannover oder dem MWC in Barcelona von der lokalen Polizei beschlagnahmt, was für Hersteller aus China abschreckend wirken soll, aber nicht immer die gewünschte Wirkung erzielt.

Was manchmal zudem vergessen wird ist die Tatsache, dass Android an sich zwar diverse Sprachen schon ab Werk unterstützt, aber die Oberflächen der chinesischen Hersteller nur selten andere Sprachen als Chinesisch unterstützen. Die Lokalisierung würde zusätzliche Kosten verursachen, zumal der heimische Markt potentiell um einiges größer ist, weswegen sich die Übersetzung öfters mal gespart wird. Eine fast schon löbliche Ausnahme stellt hier Xiaomi dar. Während der Entwicklung von MIUI 6 legte das Unternehmen aus China besonders viel Wert darauf, eine mehrsprachliche Oberfläche zu entwickeln, woran man die Nutzer in Form einer Beta-Phase hat teilhaben lassen. Allerdings ist das wie gesagt eher eine der ganz seltenen Ausnahmen, die sich überwiegend nur größere Unternehmen leisten können.

Ausweg Privat-Import und LTE-Frequenzen

Von daher bleibt an China-Smartphones Interessierten in der Regel nur die Nutzung eines Import-Händlers übrig. Als gute Online-Händler haben sich unter anderem AndroidFiguren.de erwiesen, welche beispielsweise direkt aus Deutschland versenden und auch bei Garantiefragen als vorbildlich gelten. Auch TradingShenzhen.net ist einen Blick wert. Überhaupt ist das Thema Garantie und Gewährleistung ein wichtiger Aspekt bei dem Import eines Smartphones aus China.

Meistens gilt die Garantie nur ein Jahr lang und wenn mal etwas auf Garantie repariert werden muss, dauert der Versand nach China gerne mal bis zu acht Wochen. Zumindest wenn man bei ausländischen Import-Händlern bestellt, wo zudem Zoll und Einfuhrumsatzsteuer hinzu kommen, was ein vermeintliches Smartphone-Schnäppchen schnell unerwartet teuer machen kann.

Zu beachten ist außerdem, dass die wenigsten Smartphones aus China alle europäischen Frequenzbänder unterstützen. Prominentestes Beispiel ist erneut das OnePlus One, welchem das LTE-Band 20 im 800 MHz Bereich fehlt: Vodafone und o2 nutzen dies in Deutschland und das auch verstärkt in Großstädten und Ballungszentren. Deren Kunden müssen daher zwangsläufig auf den schnellen Datenfunk verzichten und können maximal mit HSPA und dessen theoretisch bis zu 42 Mbit/Sekunde surfen. Diesem Punkt sollte man sich von Beginn an bewusst sein.

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Stefan

Mann mit Bart und Faible für Smartphones und Tablets jeder Plattform, doch eindeutig bekennender Androidliebhaber.

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