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Oracle vs. Google: Wie ein Fantasy-Roman als Berufungsvorlage dient

Anfang letzten Jahres war der Software-Konzern Oracle der Meinung, dass Google mit seinem auf dem Linux-Kernel basierenden Betriebssystem Android gegen einige der eigenen Patente verstoßen würde. Was ab April folgte war ein Streit, ob Google nun widerrechtlich 37 APIs der Programmiersprache Java kopiert hatte oder nicht. Und nun kommt ziemlich kurios die von Oracle erwartete Berufung.

Glücklicherweise sind die Parteien an den fähigen Richter William Alsup geraten, der früher selbst Entwickler war und sich im Verlaufe des Prozesses sogar Java für ein besseres Verständnis der vorgelegten Quellcode-Auszüge beibrachte. Sowohl die Jury als auch Richter Alsup entschieden letzten Endes zugunsten Googles, trotz zuvor erkannter Urheberrechtsverletzung, was Oracle freilich nicht schmeckte. Richter Alsup setzte damit auch gleich mal ein Grundsatzurteil im Bezug auf APIs für Programmiersprachen. Beobachter erwarteten, dass Oracle Berufung gegen das Urteil in erster Instanz einlegen würde und gestern war es dann auch der Fall: Oracle reichte fristgemäß den Widerspruch ein, allerdings könnte der auch ziemlich gut als ein literarisches Werk durchgehen.

In der nun eingereichten Berufung geht es allerdings nur noch um die Urheberrechtsverletzungen und nicht mehr um die Java-Patente, die Oracle innehat. Das für sich ist eigentlich kaum eine großartige Meldung wert, doch die Einleitung zu der knapp 200-seitigen Berufung ist es, was uns so erheitert. Oder wusstet ihr, dass die Autorin Ann Droid (der Kenner wird jetzt schon stutzig schmunzeln) unter Umschreibung von Harry Potter und der Orden des Phönix einen Bestseller landen will? Spätestens jetzt dürfte so mancher ins Lachen kommen, denn es geht in diesem Stile weiter. Grob gesagt umschreibt Oracle den Sachverhalt folgendermaßen:

Die Autorin Ann Droid hat vor, einen absoluten Bestseller zu landen. Dazu nimmt sie sich eine Vorabausgabe von Harry Potter und der Orden des Phönix zur Hand, deren Kapitel und Überschriften sie 1 zu 1 für ihr eigenes Werk wörtlich kopiert. Zusätzlich kopiert sie wörtlich die zentralen Sätze eines jeden Absatzes des Harry-Potter-Buches, um schließlich noch sinngemäß den Rest des jeweiligen Absatzes zu übernehmen. Das so kopierte Buch bringt Ann Droid als Harry Potter 5.0 auf den Markt, was ein voller Erfolg für Ann Droid wird. Ann Droid selbst behauptet, dass sie keine Urheberrechtsverletzung begannen habe.

Oracle setzt seine Verteidigung mit der von Ann Droid gleich, die Behauptung der Autorin sei ebenfalls so abwegig wie Googles pochen auf das „Fair Use“-Prinzip in der Sache mit den Java APIs. Konkret bezieht sich Oracle dabei auf folgendes:

Der von Google kopierte Code umfasst Teile und detaillierte, komplexe Strukturen […] von 37 Code-Packages, im Wesentlichen die Überschriften von Kapiteln und Unterkapiteln sowie die zentralen Sätze dieser Packages – alle wörtlich kopiert. Dann hat Google den Rest sinngemäß übernommen.

(Zitat von Heise Online)

Im weiteren Verlauf des Berufungsantrags versucht Oracle die Leistungen der eigenen Entwickler für die Programmiersprache und deren APIs zu verdeutlichen. Als Anschauungsbeispiel dient dabei die Java-Klasse URLConnection, die mehrere Male als „Programm“ im Antrag bezeichnet wird. Laut den Oracle-Anwälten hätte Google diese Klasse unter identischer Bezeichnung und denselben Methoden im Quellcode von Android implementiert. Eben wie schon versucht zu verdeutlichen mit „Überschriften von Kapiteln und Unterkapiteln“ nebst sinngemäß übernommenen Rest, womit sich der Bogen zur Schriftstellerin Ann Droid wieder schließt.

Und somit steht das Kopieren von 37 Definitionen diverser Java-APIs als zentrales Thema der Berufung und die Anwälte legen noch nach: Laut der Auffassung von Richter William Alsup sei Software und eventuell auch eine bestimmte Art von Software somit nicht so schutzbedürftig in Sachen Urheberrecht wie andere Werke.

[Quelle: Heise Online]
Stefan

Mann mit Bart und Faible für Smartphones und Tablets jeder Plattform, doch eindeutig bekennender Androidliebhaber.

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Stefan

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