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[Update] o2-Börsenstart gelungen aber Telefonica will mehr: Kundendaten als Kapitalanlage

o2 Germany gehört schon seit langer Zeit dem spanischen Mobilfunkkonzern Telefonica, dessen Finanzen derzeit alles andere als rosig aussehen. Ganze 58 Milliarden Euro stehen die Spanier in der Kreise, weswegen dringend Geld in die maroden Kassen muss. Einer dieser Schritte war der Börsengang der deutschen Tochter o2 Germany GmbH. Zum Glück für Telefonica ist dieser erfolgreich über die Bühne gegangen.

Seit 2007 ist das damit der größte deutsche Börsengang, als der Motorenhersteller Tognum knapp 2 Milliarden Euro einnahm. Ganz so viel ist es bei o2 Germany dann zwar nicht geworden, mit 1,45 Milliarden Euro liegt man dennoch ziemlich weit oben, was den Erlöß aus einem Börsenstart betrifft. Über 259 Millionen Aktienpapiere hatte der spanische Mutterkonzern dabei an institutionellen Investoren ausgegeben, lediglich 1% der Anteilspapiere konnten von Privatanlegern gekauft werden. Die Spanier dürften sich zudem über einen Kursgewinn von etwa 20 Cent freuen, nachdem der Ausgabepreis eines Anteilpapiers 5,60 Euro betrug. Die 1,45 Milliarden Euro kommen von den 23%, die der Mutterkonzern Telefonica hält.

Auch wenn 1,45 Milliarden Euro keine schlechte Summe sind, braucht Telefonica mehr Kapital. Das dafür an entsprechenden Plänen gearbeitet wird, dürfte da nicht weiter verwundern. Nur über was man in der spanischen zentrale nachdenkt, dürfte so manchem Kunden sehr missfallen. Denn Telefonica denkt darüber nach, die angefallenen personenbezogenen Daten seiner Kunden stärker für kommerzielle Zwecke verwenden. Dazu wurde bereits Anfang Oktober in London eine Abteilung namens Telefonica Dynamic Insights gegründet, welche für nichts anderes als die Aufbereitung und Analyse der anfallenden Daten zuständig ist. Die wiederum daraus resultierenden Daten sollen Unternehmen sowie öffentlichen Einrichtungen bereitgestellt werden für Marktforschung und Trendbeobachtungen. Telefonica beteuerte dennoch, sich „grundsätzlich an die gesetzlich vorgegebenen datenschutzrechtlichen Bestimmungen“ zu halten.

Ein erstes Produkt dieser Abteilung ist Smart Steps. Dieses Programm enthält Daten der Telefonica-Kunden wie Alter, Geschlecht und Verkehrsdaten, sprich die Bewegungsverläufe der jeweiligen Kunden. Als Beispiel könnten Ladenbesitzer damit feststellen, welche Zielgruppe sich wie lange vor dem eigenen Geschäft aufhält. Laut Telefonica erfolgt die Datenweitergabe vollkommen anonymisiert an die Kunden, von denen das Marktforschungsunternehmen GfK einer der ersten Kunden ist. Bisher ist Smart Steps allerdings nur für Großbritannien geplant, Deutschland und weitere europäische Länder könnten allerdings recht schnell folgen. Gespräche mit deutschen Firmen seien beispielsweise bereits in Arbeit. Allerdings dürften neben den betroffenen Kunden auch Datenschützer die Sache mehr als kritisch sehen, zum Beispiel Thilo Weichert, Landesdatenschutzbeauftragter Schleswig-Holstein:

Standortdaten sind hochsensibel, weil eben über sie eindeutig erkennbar ist, wo sich jemand aufhält. Insofern sehe ich es mit großen Bauchschmerzen, dass jetzt offensichtlich Telekommunikationsunternehmen beginnen, diese Daten in die Welt zu streuen.

Auch wenn der Start von Smart Steps in Deutschland noch nicht beschlossene Sache ist, holt sich o2 Germany bei Online-Neuverträgen bereits entsprechende Genehmigungen ein. Dort müssen Neukunden einer Klausel zustimmen, die die Verwendung der eigenen Bestands- und Verkehrsdaten „im Rahmen des Erforderlichen“ für die „Vermarktung“ und „Marktforschung“ zulässt. Immerhin wird dem Kunden ein schriftlicher Widerspruch dieser Klausel zugestanden. Die bessere Lösung wäre jedoch, dieser Klausel direkt bei Vertragsabschluss widersprechen zu können.

 

Update

Nach Bekanntwerden der Pläne von o2, muss der Mobilfunkkonzern jetzt wieder zurückrudern. Nicht nur das sich die betroffenen Kunden (zu rech) beschwerte, auch die deutsche Bundesregierung hat sich gegen das Vorhaben gestellt. Ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums sagte letzten Mittwoch, dass der Handel mit Standortdaten grundsätzlich in der Bundesrepublik verboten sei, ebenso unzulässig sei der Handel mit anonymisierten Daten. Einzige Ausnahme derartiger Vorgänge sei die Bereitstellung der Standortdaten für „Dienste mit Zusatznutzen“, beispielsweise die Registrierung von Verkehrsströmen. Also heißt es für deutsche o2-Kunden vorerst wieder aufatmen.

[Quellen: Stern Online & Heise Online]
[Bildquelle: Bloomberg/Ralph Orlowski]

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Stefan

Mann mit Bart und Faible für Smartphones und Tablets jeder Plattform, doch eindeutig bekennender Androidliebhaber.

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