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Samsung Galaxy S20 Ultra im Test: Ultra groß, ultra schwer und ultra teuer

Das Samsung Galaxy S20 Ultra markiert nicht nur eine neue Modellreihe, sondern ist mit einer unverbindlichen Preisempfehlung von 1.349 Euro eines der teuersten Android-Smartphones am Markt, sieht man einmal von der Spezies „Foldable“ ab. Dafür greift der Marktführer mit 100-fachen Space Zoom und einem 120 Hertz-Infinity-O-Display technisch gesehen nach den Sternen. Kann Samsung den hohen Erwartungen entsprechen? Unser ausführliche Test soll diese Frage beantworten.

Dieses Jahr hatte Samsung Mitte Februar gleich drei neue Galaxy S20 Modelle im Portfolio. Das Ultra ist dabei ein neues ins Leben gerufene Modell, welches praktisch die Flaggschiff-Serie anführt. Technik wie eine 108 Megapixel Quad-Kamera mit 100-fachen Space Zoom und ein 6,9 Zoll großes Display mit einer 40-Megapixel-Frontkamera (Punch Hole) sollen den Unterschied ausmachen. Doch auch der Preis ist mit 1.349 Euro echt Ultra. Schauen wir also einmal genauer hin, was uns Samsung für diesen Preis zu bieten hat.

Design und Verarbeitung

Das Galaxy S20 Ultra ist mit 167 x 76 x 8,8 Millimeter und einem Gewicht von 221 Gramm eines der größten und schwersten Smartphones auf dem aktuellen Markt. Dahinter kann sich sogar mein aktuelles OnePlus 7 Pro verstecken und das ist eigentlich von der Größe und dem Gewicht her schon nah an der Schmerzgrenze.

Samsung Galaxy S20 Ultra

Die Verarbeitung ist Samsung gewohnt ohne Kritik und Tadel. Verfügbar in der Farbe Cosmic Black und Cosmic Gray haben wir uns für die graue Variante entschieden. Trotz starker Spiegelungen durch das Corning Gorilla Glass 6 vorn wie hinten, bleiben mögliche Fingerabdrücke nahezu unsichtbar. Der Power-Button unterhalb der Lautstärkewippe lässt sich mittig auf der rechten Seite gut erreichen und ist auch stramm im Aluminiumrahmen verarbeitet. Durchaus erfreulich – auch im Ultra verzichtet Samsung auf den dedizierten Bixby-Button.

Den hybriden Dual-SIM finden wir auf der Oberseite des Kolosses und unten einen USB-3.2-Type-C Port, der bei Bedarf auch als Kopfhörerausgang genutzt werden muss. Denn eine 3,5 Millimeter große Audio-Klinkenbuchse suchen wir vergebens.

Nicht nur optisch, sondern auch haptisch ist das rechteckige Kamera-Array oben links störend. Liegt das Smartphone auf der Rückseite, dann direkt auf der Quad-Kamera, was auch zu kippeln führen kann. Von möglichen Beschädigungen des Kamera-Glas einmal abgesehen.

Ein Display zum verlieben

Samsung verbaut bei dem Galaxy S20 Ultra ein 6,9 Zoll großes Infinity-O-Display, welches rechts und links ein wenig über den Rand geht. Das macht eine Diagonale von 17,44 Zentimeter aus. Die Rundungen gehen gerade soweit, dass es in meinen Augen gut aussieht aber nicht bei der Nutzung stört.

Samsung Galaxy S20 Ultra

Es löst maximal mit einer Quad-HD-Plus Auflösung – also 3.200 x 1.440 Pixel – bei 511 ppi auf. Diese Auflösung funktioniert allerdings nicht in Verbindung mit der maximalen Bildwiederholrate von 120 Hertz. Das bedeutet entweder zurück auf 60 Hertz oder eine Auflösung von 2.400 x 1.080 Pixel. Zu beachten ist natürlich, dass ein derart überragender Bildschirm – der er es ohne Zweifel ist – auch einen entsprechenden Akku-Bedarf hat. Doch dazu später mehr.

Abschließend sei vermerkt, dass Blickwinkel, Kontrast, Dynamik, maximale Helligkeit des „Dynamic AMOLED“-Displays auf ganzer Linie überzeugen.
Natürlich gibt es auch ein „Always on Display“ auf dem Sperrbildschirm mit ausreichend unterschiedlichen Design-Angeboten.

Samsung Galaxy S20 Ultra AOD

Prozessor und Speicher bis zum abwinken

Samsung verbaut seit jeher unterschiedliche Prozessoren. Je nach Region kann das im Fall des Galaxy S20 Ultra eine hauseigene Exynos 990 Octa-Core-CPU mit 5G-Unterstützung sein oder aber eben ein Snapdragon 865 SoC. Will man den Kollegen und ihren Tests Glauben schenken sind hier eklatante Unterschiede in Leistung und Verbrauch zu verzeichnen. Ob der Prozessor aus dem Hause Qualcomm wirklich so viel besser ist können wir jedoch nicht beurteilen, da uns das Ultra nicht in beiden Varianten vorliegt. Daher bewerten wir auch nur den Exynos 990 – denn der ist es den wir in Europa und somit auch in Deutschland bekommen.

Samsung Galaxy S20 Ultra

Es gab im Tag täglichen Ablauf beim Öffnen von Anwendungen oder dem Scrollen in langen Texten keine Performance-Einbußen. Ging es jedoch an das Zocken, konnten schon kleine Freezer auftreten. Diese wurden uns aber besonders bewusst, da wir kurz davor den Game-Champion – das Asus ROG Phone 2 mit dem selben Spiel testen (Need for Speed) testen konnten (zum Test).

Need for Speed: NL Rennsport
Need for Speed: NL Rennsport
Entwickler: ELECTRONIC ARTS
Preis: Kostenlos

Was genau dafür verantwortlich ist, können wir jedoch nicht sagen. Der verbaute Arbeitsspeicher wird es wohl kaum sein. Denn selbst in der kleinsten Ausstattung kommt das S20 Ultra mit 12 GB schnellen LPDDR5X RAM daher. Wer will kann auch die Variante mit 16 GB RAM wählen, die aber meiner Meinung aktuell nur eine großartige Zahl auf dem Datenblatt darstellt und nicht wirklich gebraucht wird.

Bei dem NAND-Speicher sieht es jedoch schon ein wenig anders aus. Samsung stellst seine Kundschaft vor die Wahl zwischen 128 oder 512 GB. Hier fehlt uns die goldene Mitte mit 256 GB internen Programmspeicher. Zwar lässt sich der Speicher via microSD-Karte bis 1 TB erweitern, doch bekanntlich ist dieser nicht so schnell wie der fest verbaute.

Samsung Galaxy S20 Ultra

108-MP-Quad-Kamera mit Space Zoom

Die Quad-Kamera des Samsung Galaxy S20 Ultra. Tja – wo fang ich an. Vielleicht erst das Technische:
Samsung verbaut den gemeinsam mit Xiaomi entwickelten 108 Megapixel Weitwinkel-Sensor mit einer Blende von 1.8 und einem optischen Bildstabilisator. Diesen OIS weist auch das als „Space Zoom“ vermarktete 48 Megapixel Teleobjektiv mit einer Blende von 3.5 aus. Weiter geht es mit der ganz oben positionierten 12-Megapixel-Ultraweitwinkel- und einer unter dem Dual-LED-Blitzlicht untergebrachten VGA-3D-Tiefenkamera mit einer Blende von 1.0. Der Ultraweitwinkel bietet eine Blende von 2.2.

Samsung Galaxy S20 Ultra Kamera

Die by the way unter dem Display Glas untergebrachte Frontkamera bietet eine Auflösung von 40 Megapixel bei einer Blende von 2.2. Was nebenbei bemerkt schon recht ordentlich ist und für sehr gute Ergebnisse sorgt.

Samsung Galaxy S20 Ultra Frontkamera

Nun zu dem praktischen: Großen Hype gibt es um den Space Zoom, der ein 10-facher Hybrid Zoom oder ein 100-facher „Super Resolution Zoom“ ist. Ich mach es kurz – in meinen Augen reine Spielerei. Ein reines Marketing-Instrument. Zumindest der maximale 100-fache Zoom. Dessen Ergebnisse kann man niemanden zumuten.

Auch der Nachtmodus konnte uns nicht restlos überzeugen. Mal top Ergebnisse und dann wieder ein Foto welches an längst vergessene Zeiten erinnert. Im direkten Vergleich mit Huawei hat die Samsung-Kamera hier das Nachsehen. Und das sollte doch Samsungs Anspruch sein, oder? Zumal wir in unserem Test keine Möglichkeit gefunden haben aus dem Nachtmodus wieder heraus zu kommen. Generell scheint die Software trotz aktuellem Update etwas buggy. So reagiert der Autofokus bei einem Touch auf das Motiv auch nicht immer zuverlässig. Wir sind gespannt, wie es die Experten von DXOMARK sehen, die das Ultra ebenfalls gerade testen.

Bei Tageslicht kann die Quad-Kamera allerdings absolut performen und zeigen was sie wirklich kann. Tolle Farbdynamik, kaum Bildrauschen, scharfe und detailreiche Aufnahmen sind unser Ergebnis. Ohne Pixel-Binning, also mit vollen 108 Megapixel, holen geübte Hobby-Fotografen bei den richtigen Lichtverhältnissen das letzte Quäntchen aus der Samsung-Kamera. Natürlich gibt es auch den Pro-Modus, wo sämtliche Einstellungen manuell vorgenommen werden können. Leider ist das Speichern von RAW-Daten der Fotos auch nur in diesem Modus möglich.

Was uns jedoch fehlte war eine optimale Makro-Kamera. Nahaufnahmen werden für den Nutzer zur echten Geduldsprobe und gelingen nur selten. Es sei denn, man bedient sich dem Trick der Vergrößerung aus einer größeren Distanz zum Motiv. Aber auch hier ist Vorsicht geboten, weil wie bereits vermerkt, der Zoom schnell schlechte Ergebnisse liefert.

Volle Punktzahl gibt es jedoch wieder für den 8K-Videomodus und seine Bildstabilisierung. Wenngleich unsere Empfehlung doch eher zur Aufnahme von 4K mit 60 Bilder pro Sekunde tendiert. Zum einen zur besseren nachträglichen Bearbeitung und zum anderen weil es nur wenige Player gibt, die diese hohe Auflösung unterstützen.

Software und ihre Sicherheit

Samsung geht in der Regel diverse Kooperationen mit Herstellern wie unter anderem mit Google und Microsoft ein. So auch bei dem Galaxy S20 Ultra. Das bedeutet knapp 100 vorinstallierte Anwendungen auf dem Android 10 Betriebssystem, welches von der hauseigenen One UI in der Version 2.1 unterstützt wird. Ich würde jetzt aber nicht so weit gehen und von Bloatware reden. Denn in der Tat gelten auch Netflix und Spotify inzwischen zu dem typischen Bedarf eines Durchschnittsusers.

Sicherheitstechnisch ist auch wieder Knox in der Version 3.5 an Bord und sorgt bei Bedarf für eine sichere Verschlüsselung von Apps, Dateien, Ordner, Blockchain-Informationen und Speicherkarten. Weitere Sicherheitsfeature sind der Ultraschall Fingerabdrucksensor unter dem Display-Glas und die Gesichtserkennung der Frontkamera. Beide funktionieren schnell und zuverlässig. Je nach Einstellung verweilt man nach positiver Identifizierung auf dem Sperrbildschirm oder geht direkt auf den Desktop des Smartphones.

Großer Akku – kurze Laufzeit

Mit dem 5.000 mAh starken Akku haben wir noch einmal eine wichtige Kategorie, bei der ich ein gesteigertes Mitteilungsbedürfnis habe. Auf dem Datenblatt mach die Gesamt-Kapazität schon einiges her. Gerade in Anbetracht der vielen Querelen die Samsung im Zusammenhang mit dem Thema Akku schon erleben durfte. Doch am Ende des Tages bin ich doch sichtlich enttäuscht. Denn länger hält der Akku unter normalen Umständen auch nicht. Einen Tag. Und dieser Wert verändert sich auch nicht eklatant durch den Wechsel der Bildwiederholrate, wie meine erste Intention war. Hier scheint in der Tat das schlechte Energie-Management des Exynos 990 Soc (System on a Chip) verantwortlich zu sein. Denn Tests aus den USA bestätigen eine gute Akku-Performance, für die zwei Tage Laufzeit kein Problem darstellen.

Bleibt am Ende nur der Vorteil des schnellen Ladens mit dem 25-Watt-Netzteil in knapp einer Stunde von 0 auf 100 Prozent. Auch Wireless- und Reverse-Charging ist möglich. Hier aber nur mit maximalen 15 Watt. OnePlus demonstriert hier inzwischen 30 Watt Wireless Charging. Wirklich schneller ist das aber auch nicht.

Fazit des Samsung Galaxy S20 Ultra

Das Samsung Galaxy S20 Ultra ist aktuell die Speerspitze des südkoreanischen Konzerns. Das lässt man sich mit 1.350 Euro aber auch teuer bezahlen. Teurer ist da nur noch das Samsung Galaxy Flip mit Modernen faltbaren Display. Das Android-10-Smartphone ist absolut hochwertig verarbeitet, das Infinity-O-Display sucht in der Qualität seines Gleichen und auch sonst gibt es bis auf die Größe und dem Gewicht wenig Grund zu Klagen was die Verarbeitung anbelangt.

Samsung Galaxy S20 Ultra

Leider hält die 100-fach Space Zoom-Kamera nicht das was die Werbung verspricht. Und wenngleich die Quad-Kamera bei Tageslicht beeindruckende Aufnahmen macht und auch weiterhin ganz oben mitspielt, im maximalen Zoom und bei Nacht kann sie mit einem Huawei P40 Pro nicht mithalten. Die Entscheidung in Europa den augenscheinlich schlechteren Exynos 990 Octa-Core-Prozessor zu verbauen, spaltet die Gemüter und sorgt vermutlich für das schlechtere Energie-Management trotz 5.000 mAh starken Akku.

Bleibt also die Frage, ob wir zu dem Kauf des S20 Ultra raten würden? Leider nein. Wer die OneUI, das Infinity O-Display, den Stereo-Sound und die Zuverlässigkeit von Samsung liebt, wird auch mit dem S20 Plus glücklich werden und spart dabei noch satte 350 Euro. Noch steht der Test des Oppo Find X2 Pro an. Doch auch andere Hersteller können mit gut ausgestatteten Smartphones und Google-Diensten glänzen.

Test Samsung Galaxy S20 Ultra
  • Hardware - 8.2/10
    8.2/10
  • Verarbeitung - 9.5/10
    9.5/10
  • Software - 9.2/10
    9.2/10
  • Performance - 7.3/10
    7.3/10
  • Kamera - 8/10
    8/10
  • Akku - 7.1/10
    7.1/10
  • Preis/Leistung - 5.6/10
    5.6/10
7.8/10

Kurzfassung

Das Ultra der jüngst vorgestellten Samsung Galaxy S20-Serie ist mit 1.350 Euro das teuerste Modell. Dafür auch das Größte und Schwerste. Die stark beworbene Space Zoom Kamera kann nicht ihr Werbeversprechen einhalten. Auch der 5.000 mAh starke Akku bleibt hinter seinen Erwartungen. Steckt am Ende der in Europa schlechtere Exynos 990 SoC hinter den hausgemachten Problemen?

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MaTT

Mit dem Palm groß geworden und dem Qtek 1010, sowie HTC Hero die unstillbare Lust an dem OS Android bis zum heutigen Tage entdeckt. Als Gründer von Android TV (heute GO2mobile), pflasterten Meilensteine bei Areamobile (Head of Video Content) oder NextPit (Senior Editor) den Weg von Bestenlisten, News, Tests und Videos. Auch heute noch Spezialagent für alles Kreative.

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